Gemeindejubiläum 2023
Die Gemeinde Fichtenau feiert 2023 ihr 50-jähriges Bestehen.
Deshalb hatte die Gemeindeverwaltung einen Aufruf im Amtsblatt für ein Jubiläumslogo gestartet, und es gingen dazu verschiedene Ideen ein. Bei diesen Vorschlägen waren stets die Karte Fichtenaus sowie markante Punkte zu den Ortsteilen im Vordergrund.
Diese Anregungen haben wir aufgegriffen und daraus folgendes Jubiläumslogo gestaltet.
Es zeigt die vier Gemeindeteile Wildenstein, Matzenbach, Lautenbach und Unterdeufstetten mit jeweils markanten Symbolen. So ist in Gelb das Storchennest für Wildenstein, in Blau das Treideln in Lautenbach beim Fest am See, in Rot das Schloss in Unterdeufstetten und in Grün die Bild-Kapelle in Matzenbach dargestellt. Dazu noch eine 50 für das Jubiläum und die Fichtenbäume für Fichtenau.
Haben Sie Lust auf Jubiläum?
Jubiläumsbuch - 50 Jahre Fichtenau
Als wir uns zum Gemeindejubiläum Gedanken gemacht hatten, war die Idee entstanden, ein paar Fotos und Infos über die letzten 50 Jahre herauszusuchen. Da wir in unserem Gemeindearchiv doch ganz gut fündig wurden, jedoch die Anzahl der Fotos immer größer wurde, war die Idee eines Jubiläumsbuchs entstanden. So kann jede und jeder Interessierte in aller Ruhe die ersten 50 Jahre der Gemeinde Fichtenau Revue passieren lassen und in Erinnerungen schwelgen.
Erleben Sie eine kleine Zeitreise vom Zusammenschluss 1973 bis zum Jubiläum 2023.
Unser Jubiläumsbuch ist ab sofort für 39,90 € im Rathaus erhältlich.
Fichtenauer Momente im Rückblick
Im Rahmen des Jubiläumsjahrs „50 Jahre Fichtenau“ werden wir für 2023 unter dem Motto „Fichtenauer Momente im Rückblick“ wöchentlich in Erinnerungen schwelgen. Mit Fotos und Geschichten, Anekdoten und Informationen werden wir Sie auf eine Zeitreise mitnehmen. Dabei blicken wir 50 Jahre und weiter zurück.
Vielleicht erinnern Sie sich noch an einige Episoden aus unserer Gemeinde? Kommen Sie gerne miteinander ins Gespräch und blicken Sie gerne zurück auf Vergangenes oder noch Bestehendes in unserer Gemeinde. Viele von Ihnen werden sich sicherlich dabei wundern, was es in Fichtenau so alles gab und immer noch gibt.
Wer dazu selbst Ideen oder Geschichten einbringen möchte, darf sich gerne bei Frau Stefanie Walter-Hofmann telefonisch unter Tel.: 892-17 oder per Mail an S.Walter-Hofmann@fichtenau.de melden.
Die Gemeindeverwaltung dankt Herrn Helmut Reuter und Herrn Karl-Heinz Fohrer ganz herzlich für die Aufbereitung der Themen und die gute Vorarbeit!
Wir wünschen allen Leserinnen und Lesern viel Spaß mit den Fichtenauer Momenten im Rückblick!
Grüße aus Lautenbach, Unterdeufstetten, Wildenstein und Matzenbach

oben links: Blick über den Storchenweiher Richtung Westen; Fachwerkhaus Schenk inzwischen abgerissen
oben Mitte: Kriegerdenkmal
oben rechts: nach Storchenweiher - Blick Richtung Antoniuskapelle
unten links: alte Rötleiner Straße mit Abzweigung Hammermühlweg
unten Mitte: heutiges Haus Blümlein; ehemals Kaufladen, Wirtschaft und Tankstelle Daiß
unten rechts: aus Oberdeufstetter Straße Blick über die Kreuzung mit Buckenweiler Straße
Kohlhaus in Unterdeufstetten
Das Kohlhaus stand südwestlich von Unterdeufstetten, zwischen dem ehemaligen Schrottplatz Rieger und dem Wald. Früher wurde dort Holzkohle hergestellt. Später hat es eine Familie Wendel, die in New York ein Restaurant betrieben hatten, gekauft und hergerichtet. Eine Tochter der Wendels hat einen Störrle geheiratet. Aus dieser Ehe ging u.a. die Tochter Edeltraud hervor. Diese wurde im Kohlhaus geboren und heiratete Leo Höhl, der ca. 30 Jahre Hausmeister in der Schule in Unterdeufstetten war. Im 3. Reich wurde dort eine kinderreiche Familie untergebracht. Weil am Haus nichts gerichtet wurde, ist das Kohlhaus die vergangenen Jahrzehnte zunehmend verfallen.
"Matzenbacher Bild"
Die Wallfahrt zur Matzenbacher Schmerzensmutter geht in das Jahr 1746 zurück. Maria Mangold von Matzenbach gelobte, um ihrer Kopfschmerzen ledig zu werden, ein Bild der Mutter Gottes am Weg nach Dankoltsweiler an einer Buche anbringen zu wollen, um dort ihre Andacht zu verrichten. Schon bald, nachdem das Bild aufgestellt war, kam ein großer Zulauf von nah und fern zum Bild. Am Anfang dieser Gnadenstätte stand also von menschlicher Seite aus gesehen das schlichte Vertrauen einer Frau, der Glaube an die Fürbitte der Gottesmutter. Über 150 Jahre lang blieb diese mehr als einfache Form der Verehrung der Gottesmutter bestehen. Im Jahr 1913 entstand eine erste einfache offene Kapelle. 1933/35 wurde diese Kapelle verschönert. 1973 wurde ein Neubau der Kapelle eingeweiht. Es heißt „Matzenbacher Bild“, steht aber auf Jagstzeller Gemarkung. Eigentümerin ist die kath. Kirchengemeinde Matzenbach.
So sah die alte „Bildkapelle“ vor dem Neubau aus:
Gasthäuser in Unterdeufstetten
Vor der Gründung der Gemeinde Fichtenau gab es in Unterdeufstetten 6 Gasthäuser und ein Cafè.
In der Kapellenstraße kann man heute noch ein wunderschönes Haus sehen, in dem das „Gasthaus zum Rad“ untergebracht war. Die Aufschrift ist noch gut zu erkennen. Besitzer waren die Familien Rupp, Schenk und Schinkel.
Auf der anderen Straßenseite bewirtete eine Familie Kurz die „Linde“ mit einer großen Kegelbahn. In dieser Kegelbahn wurden nach dem 2. Weltkrieg Flüchtlinge einquartiert. Vor der Schließung hieß die Wirtin Mathilda Rottler.
In der Dinkelsbühler Straße waren früher eine Familie Maier die Wirtsleute des „Gasthauses zum Rössle“. Sie hatten auch eine Bäckerei und einen Metzgereiwarenverkauf dabei.
Neben der katholischen Kirche konnte man im „Gasthof zum Hirsch“ einkehren. Bewirtet wurde man von der Familie Seitz, dann Probeil und später von der Familie Reichert. Dort wurde auch eigenes Bier gebraut.
Das letzte Gasthaus, das in Unterdeufstetten noch bis vor ca. einem Jahr betrieben wurde, war der „Grüne Baum“ der Familie Bosch-Kollecker. Eine Familie Hangsdörfer betrieb dort vorher auch eine Brauerei.
Albert Lämmerer betrieb das „Gasthaus zum Scharfen Eck“, das man von der Birkenwaldstraße und von der Matzenbacher Straße aus betreten konnte. Dort wurde wohl öfters mal kräftig gezecht. Davor betrieben die Lämmerers eine Wirtschaft im Gässle.
Ein Cafè konnte man in der Marktstraße bei der Familie Ehret besuchen.
Schloss Lautenbach – 2 „Schloss-Herren“
Das Schloss steht im Hammermühlweg. Wenn man zwischen den Häusern des „Schlossbauern“ und des „Schlosswebers“ durchgeht, sieht man auf der linken Seite das Gebäude. Es handelt sich um einen einfachen Rechteckbau mit Grabenspuren. Im Westteil besitzt „Schlossherr“ Hermann eine noch voll funktionsfähige Schmiede. Im Ostteil wohnt „Schlossherr“ Fritz. Über die Entstehung des Schlosses gibt es nur ungenaue und teilweise widersprüchliche Angaben. Es heißt, dass im 16. oder 17. Jahrhundert durch Ankauf von Gütern ein Rittergut gebildet wurde. 1925 wurde das Gebäude von Schmiedemeister Gottlob Ohr (dem Großvater des heutigen Besitzers) erworben. Als dieser Umbauten vornehmen wollte, gab es Probleme mit dem Denkmalamt. Er setzte sich erfolgreich gegen eine Eintragung ins Denkmalverzeichnis zur Wehr. In der Urkunde heißt es u.a.: „Tatsächlich sehe auch das Haus wie irgend ein anderes in schlechter Unterhaltung befindliches Bauernhaus aus. Er könne keineswegs anerkennen, dass es sich bei seinem Gebäude um ein geschichtlich oder künstlerisch wertvolles Gebäude handle.“
„Betza Helm“ – „Schduif“ – „Gschmaggl“
Unter diesen Namen kannte man in weitem Umkreis den Hausierer Wilhelm Betz aus Wildenstein. Sogar im „Bayrischen Wald“ war er bekannt. Dort wollte er z.B. nachmittags noch hingehen. Wenn er dann gefragt wurde, in welche Orte er da wolle, kam als Antwort: „Ha, Rauenstadt, Ketschenweiler, … .
Wilhelm Betz war ein schlanker, großer Mann mit Mütze, Pfeife, Rucksack, genagelten Schuhen, Gamaschen, Stock und Fahrrad. Er hatte eine Gehbehinderung. Einmal sagte er – natürlich im Dialekt - : „Wenn ich meine Füße mal wieder gewaschen habe, gehe ich wieder anders los.“
In den umliegenden Ortschaften verkaufte er Bürstenwaren, vor allem Schuhputzbürstchen. Wenn er in Waldtann nichts mehr zu verkaufen hatte, ging er in den Laden, kaufte ein und zeichnete dann anders aus.
Der „Schduif“ wusste, in welchen Häusern er einen Most oder auch etwas zu essen bekam und wo ihm etwas abgekauft wurde. Vielfach wurde den Kindern, die nicht artig waren, gedroht: „Wenn du nicht folgst, nimmt dich der „Betza Helm“ mit.“ So hatten die Kinder vor ihm Angst. Die größte Angst hatte jedoch der „Gschmaggl“ selbst. Wenn es dunkel wurde, hörte man ihn in Großenhub bereits laut singen, wenn er noch bei der Klinglesmühle war, oder wenn er von Matzenbach Richtung Wildenstein unterwegs war, hörte man ihn auch von weitem. Mit dem Singen bekämpfte er seine Angst.
Für sein Neujahrwünschen, das er bis zum Hafer säen erledigte, hatte er einen guten Plan, so dass er dadurch über viele Wochen hinweg einen Most und oft auch etwas Geld bekam. Abends ging er mit seinem Geldsäckchen dann in die Wirtschaft. Dort schüttete er das Geld auf den Tisch und die alte Frau Kreisel zählte es für ihn.
Wenn der „Schduif“ gegen Mitternacht auf der Langen Gasse in Richtung seiner Unterkunft ging, kam es vor, dass ihn ein junger Mann dadurch erschreckte, dass er sich mit einem Leintuch über dem Kopf dem ängstlichen Hausierer in den Weg stellte.
Text: Helmut Reuter
Synagoge in Unterdeufstetten
Die jüdische Gemeinde von Unterdeufstetten bestand vom 18. Jahrhundert bis 1912. Sie galt zeitweise als die ärmste jüdische Gemeinde Württembergs. Ihre Mitglieder lebten größtenteils vom Lumpensammeln, kleineren Tauschgeschäften oder Bettelei. Die ersten jüdischen Familien wurden 1713 in der Ziegelhütte aufgenommen; einen Höchststand erreichte die Zahl der jüdischen Einwohner Unterdeufstettens im Jahr 1858 mit 65 Personen. Danach ging die Zahl kontinuierlich zurück; die letzten Einwohner jüdischen Glaubens wanderten nach dem Ersten Weltkrieg ab. Die neue Synagoge wurde 1848/49 errichtet. Trotz guter Unterstützung blieben der Gemeinde nach dem Bau noch 1300 Gulden Schulden, weshalb eine Kollekte in ganz Württemberg stattfand, da die Unterdeufstettener Juden nicht einmal die Zinsen für diesen Betrag bezahlen konnten. Nach der Auflösung der Gemeinde im Jahr 1912 wurden die Synagoge (heute Dinkelsbühler Str. 9), das Schulhaus und das Bad öffentlich versteigert. Die einstige Synagoge existiert, zum Wohnhaus umgebaut, nach wie vor.
Quelle: Wikipedia
„Bananen-Franz“ – legendärer Alleinunterhalter
Franz Müller wurde 1925 in Lautenbach geboren. Einige Zeit wohnte er auch in Neustädtlein. Er starb 1992 im Gasthaus Hirsch in Wildenstein. Aus dem Krieg kehrte er als „Kriegsversehrter“ zurück. Danach betätigte er sich als Obsthändler und mit seiner diatonischen Ziehharmonika als Alleinunterhalter.
Zunächst war er mit seinem Goggomobil unterwegs, das er oft komplett mit Obst beladen hatte. Sein Obsthandel brachte ihm auch den Namen „Bananen-Franz“ ein. Auf dem Crailsheimer Volksfest verkaufte er hauptsächlich Weintrauben, die es vor Jahrzehnten nicht das ganze Jahr über zu kaufen gab.
Bei Vereinsfeiern, Hochzeiten, usw. war der „Bananen-Franz“ fast nicht wegzudenken. Noten kannte er nicht: Neue Stücke spielte er nach Gehör und Gefühl.
Nicht nur durch seine Musik, sondern auch durch seine Sprüche, war er bekannt und beliebt. Wer von den Älteren erinnert sich nicht an Aussprüche wie „Ich geh jetzt mal rum, ihr wisst schon warum“, „Beifall kann auch in flüssiger Form verabreicht werden“, „Ich mache jetzt eine Pause und in der Zwischenzeit unterhält euch der Ventilator.“ Zu vorgerückter Stunde schaltete er auch immer wieder mal seinen „Faulenzer“ ein.
Sein Lieblingsgetränk war Asbach-Cola.
Text: Helmut Reuter
Postkarten aus längst vergangenen Tagen

oben rechts: Blick aus Richtung Süden
unten links: Die bayerische Grenze ging durch die Scheune des Anwesens.
unten Mitte: „Gasthaus Rose“
unten rechts: links: „Gasthaus zum Roten Ochsen“ (später „Gasthaus zur Bayerischen Grenze“) Mitte: Haus Bühlmeier (Dort steht heute das Haus Reuter.) rechts: „Gasthaus Rose“

oben rechts: Blick zur St. Anna-Kirche aus Südosten
unten links: „neues“ Schulhaus; heutiges Wohnhaus Krautschneider
unten Mitte: von Hammermühle kommend auf der St. Anna-Straße Blick Richtung „altes“ Schulhaus und Kirche unten rechts: ehemalige Bäckerei von Gottlob Hammer vom Westen gesehen
"Grüße aus Neustädtlein und Bernhardsweiler"
Eine Eisenbahn für Fichtenau
1904 hatte der Crailsheimer „Stadtschultheiß“ Sachs von einem Plan der Stadt Bopfingen gehört, eine Bahnlinie („Sechtatalbahn“) von Bopfingen über Unterschneidheim nach Tannhausen zu bauen. Er schlug nun vor, diese Bahn über Stödtlen, Wört, Unterdeufstetten, Matzenbach, Wildenstein, Neustädtlein, Marktlustenau, Waldtann und Goldbach bis nach Crailsheim zu verlängern, um damit die östliche Hälfte des Landkreises an das Eisenbahnnetz anzuschließen.
Hugo Sachs, der gleichzeitig auch die Interessen des „Oberamtes“, also des damaligen Landkreises Crailsheim im Blick hatte, wandte sich mit einer Denkschrift an den Landtag des Königreiches Württemberg, weil dieser den Großteil des Baus hätte finanzieren müssen. Herr Sachs wollte insbesondere die in den vier damaligen Fichtenauer Teilgemeinden „existierenden, mit Mann, Weib und Kind, Ross und Wagen jahraus, jahrein das Land durchziehenden Hausierhändler und deren Familien durch die Gelegenheit der Benutzung moderner Verkehrsmittel in nächster Umgebung und durch die Hebung der Industrie am Platze mehr sesshaft machen“. … Auch beklagte er, dass durch den fehlenden Eisenbahnanschluss jährlich große Summen verloren gingen, weil die benachbarten bayerischen Städte verkehrstechnisch besser zu erreichen waren. Er wies auch auf die sich negativ entwickelnde Situation der „Händler und Hausierer“ hin, die unter der Entwicklung des Eisenbahnwesens in ganz Deutschland leiden würden, weil es nicht mehr nötig sei, sich die Waren von den „Matzenbachern“ bis an die Haustüre liefern zu lassen.
Wie wir alle wissen, wurde die Bahnlinie Bopfingen-Crailsheim u.a. wegen der Problematik der Überwindung der europäischen Hauptwasserscheide nicht gebaut und Fichtenau hat heute immer noch keinen Eisenbahnanschluss.
Text und Denkschrift erhalten von Dr. Oliver Kuß.
Martin Güttler – Heilpraktiker
Martin Güttler wurde ca.1860 in Obersontheim geboren und heiratete nach Wildenstein. Dort wohnte er mit seiner Familie im heutigen Promenadenweg (Haus Karl Sperr) und betrieb eine kleine Landwirtschaft. Er hatte auch ca. 12 Schafe, weshalb man ihn den „Schäfer“ nannte. Weil er sich über die Gesundheit viele Gedanken machte und er auch ein „schlaues Buch“ hatte, kamen viele Leute zu ihm, wenn Tiere oder später auch Menschen ein gesundheitliches Problem hatten. Er wollte z.B. nicht, dass seine Enkelinnen im Sommer barfuß liefen. So erklärte er ihnen, dass der Sand draußen warm sei und sie im Haus auf den kalten Plattenboden kamen. Die Füße würden so etwas nicht vertragen. Seine Enkelinnen waren es auch, die ihm mit dem Fahrrad aus der Apotheke in Dinkelsbühl allerlei Flüssigkeiten holen mussten. Einmal ging es dann Apotheker Goderbauer richtig schlecht, weil ihn eine heftige Grippe plagte. So kam er zu seinem Freund Martin Güttler nach Wildenstein und sagte: „Martin, jetzt musst du mir was geben. Du bist meine letzte Rettung!“ Der Bauer konnte nicht verstehen, dass ausgerechnet ein Apotheker ihn um Hilfe bat, hatte dieser ja alle Mittelchen im Haus. Weil sich Herr Goderbauer nicht abweisen ließ, bekam er schließlich doch etwas zum Einnehmen und er wurde wieder gesund. Während dem 3. Reich wurde Martin Güttler zweimal angezeigt, weil die Homöopathie verpönt war. Tatsächlich kam die Gestapo zu ihm ins Haus und fragte, was er denn da mache. Er erklärte daraufhin, dass ihm sein Sohn geschrieben habe, dass alle seine Kameraden Durchfall hätten und er doch wisse, was man da geben kann. So blieb der Naturheiler von einer Strafe verschont. Oft empfahl er für ein Leiden einen speziellen Tee. Weil auch die Besitzer der Bekleidungsmanufaktur Bleyle, die sich zur Sommerfrische in der Pension „Friedrichsruhe“ aufhielten, zur vollsten Zufriedenheit behandelt wurden, bekamen die Enkelinnen daraufhin zwei ganz tolle Kleider zugeschickt.
Martin Güttler starb Anfang der 50er Jahre im damals fast biblischen Alter von über 90 Jahren.
Text: Helmut Reuter
Friedrich von Praun
Friedrich von Praun wurde am 21. Juli 1888 in Hersbruck geboren. Das Seckendorff-Schloss in Unterdeufstetten ist das Elternhaus seiner Frau. Friedrich von Praun war der erste Leiter der evangelisch-lutherischen Landeskirchenstelle in Ansbach. Da er offensiv den Hitlergruß verweigerte und sich entschieden auf die Seite der bekennenden Kirche stellte, bekam er Probleme. Sein Fall wurde schließlich vor dem Volksgerichtshof in Berlin unter dem berüchtigten Richter Roland Freisler verhandelt. Seiner Frau Irene, die ihn vorher nochmal im Gefängnis besuchte, sagte er, dass das wohl die Todesstrafe für ihn bedeute. Am Tag nach der Verhandlung war er tot. Das Gericht gab „Selbstmord“ als Todesursache an. Sein Tod ist aber nicht wirklich geklärt. Man kann jedoch sagen, dass er wegen seiner kritischen Haltung zum 3.Reich Opfer des Nationalsozialismus wurde.
Friedrich von Praun ist auf dem evangelischen Friedhof in Unterdeufstetten im Grab der Seckendorffs beigesetzt. Seine Frau ließ ein Denkmal errichten. Es steht am Waldrand links von der Einfahrt zum Wertstoffhof.
Der Turn-Verein Unterdeufstetten hat Herrn Friedrich von Praun am 6. März 1927 zum Ehren-Mitglied ernannt.
Dr. Hasso von Haldenwang, ein entfernter Verwandter von Friedrich von Praun, hat ein Buch über ihn geschrieben.
Text: Helmut Reuter
Schriftsteller Erich Wappler
Erich Wappler stammte aus Sachsen und kam Anfang der 60er Jahre nach Wildenstein. Dort wohnte er im Kappelbusch. Er hatte kein Auto und war deshalb viel zu Fuß unterwegs. Sein großes Interesse galt der Natur. Der hohenlohische Dialekt war für den Sachsen ungewöhnlich und so hatte er immer wieder Probleme mit der Verständigung. Wenn er auf seinen Spaziergängen an einem Haus vorbeikam, mit dessen Bewohnern er sich angefreundet hatte, suchte er diese auf und meist kam dann die Bemerkung: „Habe wieder so ein Wort gehört, dessen Bedeutung ich überhaupt nicht verstehe.“ Natürlich wurde es ihm dort erklärt. Beruflich beschäftigte sich Erich Wappler mit der Schriftstellerei. Bereits im Alter von 13 Jahren war es zu seiner ersten Gedichtveröffentlichung gekommen; mit 18 erschien seine erste Gedichtsammlung. Er arbeitete für verschiedene Zeitungen. In seiner Wildensteiner Zeit schrieb er für das Hohenloher Tagblatt und dabei speziell für den Frankenspiegel. Bekannt sind vor allem sein Gedichtband „Silberseiler“ und das Kinderbuch „Oberich und seine Papse“.
Text: Helmut Reuter
Den Schalk im Nacken
Auf dem Gelände der heutigen Apotheke saßen mitunter bereits morgens der „Schäfers Michl“ , der „Sengers Guschdl“ und der „Pfisterers Schorsch“ auf der kleinen Mauer. Obwohl sie wahrlich keine Jünglinge mehr waren, hatten sie allerlei Blödsinn im Kopf. Als der kleine Helmar eines Tages auf dem Weg zur Schule war, sagten sie ihm, dass er wieder heimgehen könne, weil der Lehrer an diesem Tag schlachten würde. Helmar glaubte es ihnen und er drehte wieder um und ging nach Hause. Die Haushälterin Else wunderte sich und ließ sich erklären, warum Helmar wieder heimkam. Sie wusste auch, dass Helmar eine Lehrerin hatte und dass das mit dem Schlachten ohnehin nicht sein könne. Also begleitete sie den Jungen zur Schule. Ein anderes Mal kam der kleine Helmar wieder bei den drei Schlitzohren vorbei. Diesmal sagten sie ihm, dass er gar nicht zur Schule müsse, weil er sowieso gescheiter sei, als der Lehrer. Helmar glaubte den Männern natürlich und machte sich auf den Heimweg. Wieder musste Else eingreifen und Helmar zur Schule bringen.
Text: Helmut Reuter
Dialekte in Fichtenau – von Hasso von Haldenwang
In dem überschaubaren Dörfchen Wildenstein, heute zur Gesamtgemeinde Fichtenau gehörend, im äußersten Nordosten Württembergs, besteht noch immer eine echte Dialektgrenze zwischen dem Hohenlohe-Fränkischen und dem Schwäbischen. Die „Urbevölkerung“, zumeist reformierte Bauern und Handwerker, pflegten das Fränkische. So verhält es sich beispielsweise in den westlich von Wildenstein gelegenen Orten Gunzach, Großen- und Wäldershub, und dem nordöstlichen Rötlein. Im südlichen Teil von Wildenstein lebten hingegen überwiegend katholische Händler, die fast ausnahmslos schwäbisch sprachen. Dies galt etwa für die südlich und südöstlich gelegenen Nachbarorte Matzenbach und Unterdeufstetten, teilweise auch für Lautenbach.
Wie vielerorts hatte der niedere Adel nach dem 30jährigen Krieg “allerlei fremdes Volk“ in den nahezu verödeten Dörfern angesiedelt. Dabei handelte es sich um heimatlos gewordene Opfer des verheerenden Krieges, die mehrheitlich aus dem Schwäbischen stammten. Dies geschah zur Schaffung von „Einnahmequellen“, weil die neuen Siedler jährlich „Schutz-“ oder „Kopfgeld“ an die Herrschaft entrichten mussten. Da diese Zuwanderer lediglich ein winziges Häuschen, aber kein zu bewirtschaftendes Land erwerben konnten, blieb ihnen nichts übrig, als den Lebensunterhalt im Tagelohn und mit Hausierhandel zu bestreiten. Neben selbstgefertigten Bürstenwaren und Holzarbeiten vertrieb man Textilien, Galanterieartikel, Steingut und Ähnliches in der näheren Umgebung, reiste aber zum Verkauf auch mit Planwagen bis ins Elsass, nach Tirol und selbst nach Ostpreußen. Um die wichtigsten Informationen vor Unkundigen geheim zu halten, bediente man sich unterwegs (uf dr Rois), aber auch im Alltag einer Sondersprache (Geheimsprache), dem sogenannten Jenischen (Rotwelsch-Dialekt), das man vielerorts im gesamten deutschsprachigen Raum mit oft erheblichen Unterschieden findet. Bemerkenswert ist, dass es sich dabei nicht um eine „Sprache“ im eigentlichen Sinn handelt, sondern dass einzelne Worte (Lexeme) durch Begriffe ersetzt werden, die sich dem Uneingeweihten nicht erschließen. Als Spendersprachen gelten vor allem Hebräisch, Jiddischdeutsch, Romani-Dialekte (Manisch), Sintes, aber auch Französisch und Italienisch. Selbst slawische Wurzeln sind bezeugt. Schon vor 500 Jahren sind im liber vagatorum (1510) ähnliche Wortformen verzeichnet. Als Warnung vor anrückender Polizei forderte man den Kollegen beispielsweise wie folgt zum eiligen Verschwinden auf: „Fiesel natsch, d′Gliste tschefft!“ Obwohl man viele Begriffe auch in der Alltagssprache benutzte, ist diese „Kunstsprache“ heute leider fast ausgestorben.
Bau ehemaliges Grundschulgebäude - heute MediKult
Verantwortlich: Bürgermeister Xaver Blank
Das Gelände wurde durch einen Grundstückstausch von Baronin von Praun, Gutsherrschaft Schloss Unterdeufstetten, zur Verfügung gestellt.
Ausschreibung der Vergabe der Bauarbeiten am 12. November 1960
Rohbau im Frühsommer 1961
Richtfest am 25. August 1961
Zur Einweihung am 20. Oktober 1962 luden Bürgermeister Xaver Blank und Rektor Walter Unzeitig ein.
Nach dem Programm schloss sich ein „Gemütliches Beisammensein“ im „Gasthaus Grüner Baum“ an. „Christoph-von-Pfeil-Schule“ wurde sie vor allem deswegen genannt, weil Christoph von Pfeil als Schlossherr mehr als 200 Jahre zuvor die erste Schule für beide Konfessionen in der Gemeinde Unterdeufstetten eingerichtet hatte.
Eintrag des Bürgermeisters in ein von ihm angelegtes Album: „Italienische und spanische Fremdarbeiter halfen unser Schulhaus zu bauen.“
Text: Helmut Reuter
Vielen Dank an Martha Reinfelder für das zur Verfügung gestellte Fotobuch zum Schulhausbau.
Bau der Turnhalle mit Lehrschwimmbecken in Unterdeufstetten
Beim Jahresausblick auf 1963 (also inzwischen vor 60 Jahren) erwähnte Bürgermeister Xaver Blank, dass im Herbst mit dem Bau einer Turnhalle mit Lehrschwimmbecken begonnen werde solle. Für eine halbe Million DM sollte eine „Halle mit einer reinen Größe von 12 auf 24 m, dazu mit Bühne und Nebenräumen, das Bad darunter mit einer Beckengröße von 6 auf 12,5 m gebaut werden.“ Gedacht war an eine Benutzung nicht nur für Schüler, sondern auch für die Bürgerschaft der Gemeinde und vielleicht des ganzen oberen Bezirks.
Am 06.07.1964 wurde Richtfest gefeiert. Dann sollte ein Tank mit 40000 Liter Fassungsvermögen eingebaut werden, aber ein Kran der Bundeswehr musste aufgeben, weil der Tank zu schwer war.
Schließlich luden Bürgermeister Xaver Blank und Rektor Walter Unzeitig für den 5. Dezember zur Einweihung ein. Als Gast war u.a. der Finanzminister des Landes Baden-Württemberg, Dr. Hermann Müller, anwesend.
Der Bürgermeister äußerte bei seiner Ansprache den Wunsch, dass 98% der Schüler die Schule als Schwimmer verlassen. Außerdem bezeichnete er diese Sportstätte „als beste Apotheke für die Jugend und die Erwachsenen im Ort.“
Text: Helmut Reuter
Vielen Dank an Martha Reinfelder für das zur Verfügung gestellte Fotobuch zum Turnhallenbau.
„Gute Geister“
Wer Edeltraud Höhl, geborene Störrle, kennt, schätzt sie als normale, nette, bodenständige und vernünftige Frau. Sie hatte beim Notar in Wildenstein gelernt und arbeitete Ende der 40er Jahre für einige Zeit im Schloss in Unterdeufstetten. Ihr Arbeitsplatz befand sich im Rittersaal. Dort stand nur ein großer Tisch und an den Wänden hingen große Bilder.
Eines Tages hatte Frau Höhl ihre Schreibsachen auf dem Tisch ausgebreitet. Doch plötzlich war alles weg. Der Tisch war leer. Niemand außer ihr war im Raum und die Fenster waren geschlossen. Als sie ein Fenster öffnete und in die Tiefe schaute, konnte sie auch nichts erkennen. Frau Höhl bekam panische Angst und berichtete den Vorgang der hinzukommenden Baronin. Diese redete jedoch ganz beruhigend auf sie ein: „Das ist nicht schlimm. Da sind die guten Geister da gewesen. Die machen nichts. Die kommen wieder und dann ist alles wieder da.“ Frau Höhl traute sich nicht mehr aufzustehen. Kurze Zeit darauf kam trotz geschlossener Fenster plötzlich ein Luftzug – wie ein Wind – und ihre Schreibsachen lagen wieder auf dem Tisch.
Frau Höhl hatte ca. 6 Wochen gern im Schloss gearbeitet, aber dieses Ereignis war ihr zu viel. Weil ihre Angst zu heftig war, beendete sie die Arbeit für die Baronin. Als Dank bekam sie das hier abgedruckte Gemälde des Schlosses geschenkt.
Text: Helmut Reuter
Weise Festmoden
Der Familienbetrieb siedelte von Sindelfingen nach Wildenstein über. 1960 haben Harry Weise und seine Frau Gisela ein Grundstück in Wildenstein gekauft und Bürgermeister Lindner hat 10 Arbeitskräfte zugesagt. Anfangs wurden neben Bestattungswäsche (Zudecken und Hemden) Brautschmuck, Brautschleier und Kommunionkränze gefertigt. Damals hörte man gelegentlich den Spruch: „Jeder Tote geht auf die Reise mit einem Totenhemd von Weise.“
1970 arbeiteten ca. 59 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (samt Heimarbeiterinnen) bei der Firma. Die auswärtigen Mitarbeiterinnen wurden morgens mit einem VW-Bus zuhause abgeholt und abends wieder heimgebracht. Diese Arbeitsplätze waren vor allem für die Frauen in und um Wildenstein ein Segen. Um das Jahr 2000 waren sogar etwa 160 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Wildenstein beschäftigt. Stets wurde ein besonderes Augenmerk auf die Ausbildung gelegt.
Schon bald wurde im Chiemgau für alle Betriebsangehörige eine Ferienwohnung gemietet, die allen unentgeltlich zur Verfügung stand. Dass die Mitarbeiterinnen am Betriebsgewinn beteiligt wurden, war auch eine Besonderheit. Als Models dienten vielfach hübsche Mädchen aus der Fichtenauer Grundschule und attraktive Mitarbeiterinnen.
In ihrer Glanzzeit beteiligte sich Weise Festmoden sogar an 3 Modeschauen in Moskau.
Einige Zeit wurde mit dem Motto geworben: „Schicke Muster, gute Preise, findet immer man bei Weise.“
Zusammengestellt von Karlheinz Fohrer und Helmut Reuter
„Fichtenauer Persönlichkeiten“ bei der Investitur von Pfarrer Fliege
Wer erkennt diese Leute?
oben: Helmut Fuchs, Dieter Wolf, Dr. Alois Sikora, Pfarrer Martin Schilling, Franziska Meiser
unten: Rektor Walter Unzeitig, Edmund Ebert, Pfarrer Ralf Grassel, Alfred Blank
Bei dem Bild untern rechst handelt es sich um Dekan Hengler und somit um keinen Fichtenauer.
FC Matzenbach
Der 1949 gegründete Fußballclub Matzenbach spielte zunächst in der C-Klasse Hohenlohe, hat es aber sogar bis zur Landesliga geschafft. Gern erinnert man sich an Edmund Ebert, an den „Daal-Kaarl“, an die „Berliner Schnauze“ Peter Sohr, an Hans Greb, an „Monde“, an „Bella“, an Kiechèle“ und wie sie alle hießen, deren Namen man eng mit dem FCM verbindet. Auf den Matzenbacher Fußball angesprochen, erinnern sich die auswärtigen Kicker stets an das gefürchtete „Matzenbacher Waldstadion“. Der Natursandplatz lag im Wald Richtung Breitenbach und die Kinder hatten an dem großen „Sandkasten“ bestimmt mehr Freude, als der Großteil der auswärtigen Kicker. Weil er die Platzverhältnisse gewohnt war, hatte der FCM stets einen richtigen Heimvorteil.
Legendärer Schnitzer Franz Böhm
Franz Böhm wurde 1924 in Oberfröschau in Mähren / Tschechoslowakei, nahe der österreichischen Grenze, geboren. 1947 kam er als Heimatvertriebener nach Krettenbach. Dort waren auch seine Eltern untergekommen und seine sechs Geschwister fanden dann alle in der näheren und weiteren Umgebung eine neue Heimat. In Wildenstein lernte er Alma Müller kennen. Sie heirateten 1950.
Ab Ende der vierziger Jahre bis zu seiner Frühberentung arbeitete er als gelernter Schreiner bei der Fa. Speer&Gscheidel in Crailsheim. Franz Böhm starb am 31.Januar 1989.
Über Wildenstein hinaus wurde er durch seine Holzschnitzereien bekannt.
Er war auch ein guter Beobachter, begabter Zeichner und Maler, widmete sich aber fast ausschließlich dem Schnitzen. Zuerst wurden nur nähere Bekannte und Verwandte auf seine Arbeiten aufmerksam. Besonders Tiere, landwirtschaftliche und jagdliche Motive waren sein Metier. Im Laufe der Zeit wurden seine Schnitzereien durch Mund-zu-Mund-Werbung und Empfehlungen begehrte Geschenke zu vielerlei Anlässen.
In den Sechziger - und Siebzigerjahren wurden auch viele amerikanische Soldaten, die in Crailsheim stationiert waren, auf seine Schnitzkunst aufmerksam. Oft konnte er gar nicht alle ihre Bestellungen erfüllen. Besonders beliebt waren als "Souvenir" Langholzwagen, typische landwirtschaftliche Wagen, bespannt mit Ochse und Pferd, beladen mit einem Güllefass und einem kleinen Holzschild mit einem Ortsnamen aus der Gegend, das am Wagen baumelte. Das geflügelte Wort der amerikanischen Kunden dafür war "Scheißwagen mit Kuh". Viele Arbeiten mit hohenlohisch-fränkischen Ortsnamen haben so den Weg über den Großen Teich in die USA gefunden.
Auch Jagdzimmer, Gewehrschränke und Gewehrschäfte sind von ihm mit Jagdszenen verschönert worden. Seine große Motivvielfalt kann ich hier gar nicht vollständig wiedergeben. Es ist so im Laufe seines Lebens eine riesige Zahl von Schnitzwerken entstanden und wurde über viele Orte und Länder verteilt.
Franz Böhm konnte bis kurz vor seinem Tod seiner Lieblingsbeschäftigung nachgehen und er hatte bis zuletzt viele begeisterte Kunden.
Text von Sohn Robert Böhm; gekürzt von Helmut Reuter.
„Kimmicher“
Kümmel wird im Schwäbischen „Kimmich“ genannt. Bäcker Maier im Rössle in Unterdeufstetten war für seine „Kimmicher“ bekannt. Ältere Unterdeufstetter schwärmen heute noch davon. Falls mal jemand versuchen möchte, solche zu backen, kann man unter www.gutekueche.de/kimmicher-rezept-16898 ein Rezept finden.
Weitere Bäckereien in Unterdeufstetten waren die Bäckerei Marschalk (früher Hager und Wiedemann) in der Nähe des oberen Schulhauses und die Bäckerei Schroth (früher Friedrich und Kiehn) in der Kapellenstraße.
Hilde Kramer, geb. Meiser
Hilde stammte aus der Gastwirtschaft Meiser in Neustädtlein. Musik gehörte zu ihrem Leben. In ihrer Jugendzeit arbeitete sie mit in der dazugehörenden Landwirtschaft. Da konnte es schon vorkommen, dass sie mit ihren Brüdern Fritz und Arthur beim Mistaufladen war. Dann kam die Anweisung vom Vater, dass seine Kinder sich umziehen sollen, weil in der Wirtschaft Gäste waren, die ihre Musik hören wollten. Also spielte Hilde Klavier, Fritz den Kontrabass und Arthur Saxophon. Nach ihrer Heirat 1937 lebte sie in Bernhardsweiler. Dort hat sie für die große Verwandtschaft viel gekocht. Außerdem war sie mit ihrem Opel P 4 ständig Chauffeur für ihren Schwiegervater, den Heilpraktiker Rudolf Kramer. Auch wurde sie vielfach mit Krankenfahrten beauftragt. Das war während dem 2. Weltkrieg vor allem nachts nicht einfach. Einmal sollte Hilde eine Frau aus Röthendorf zur Entbindung ins Krankenhaus bringen. Sie kamen jedoch nicht weit. Bereits in der berüchtigten „Zündappkurve“ war das Kind schon da, und es konnte wieder nach Hause gehen. Bis ins hohe Alter kochte Hilde in der späteren Tanzmetropole in Neustädtlein das Essen, welches von den Gästen sehr geschätzt wurde.
Text: Karlheinz Fohrer und Helmut Reuter nach Informationen der Tochter
Rudolf Kramer
Rudolf Kramer war der Sohn des bekannten Wundarztes Johann Kramer, über den im Buch „500 Jahre St. Anna Kirche Bernhardsweiler“ u.a. eine lustige Anekdote über eine ganz spezielle Operation veröffentlicht wurde. Über Rudolf Kramer sprach man zwar als Doktor Kramer, aber er war lediglich Heilpraktiker. Sein Wissen bezog er hauptsächlich durch Informationen von seinem Vater. Neben dem Umtreiben seiner Landwirtschaft half er zahlreichen Leuten bei gesundheitlichen Problemen. Die Patienten kamen nicht nur in sein Praxisstüble in Bernhardsweiler, er fuhr anfangs auch mit seiner Pferdechaise nach Crailsheim, besuchte Patienten in Schnelldorf und in dem Gebiet bis hinter Feuchtwangen. Später ließ er sich von seiner Schwiegertochter Hilde in einem der ersten Autos in der Gegend chauffieren. Die Pulver und Tinkturen mischten er und seine Frau selbst. Wie geschickt Rudolf Kramer klaffende Wunden nähte, kann seine Enkelin Trudl heute noch an ihrem Daumen zeigen. Einmal kam ein Patient und wollte sich einen ganz bestimmten Zahn ziehen lassen. Er ließ sich von Rudolf nicht davon überzeugen, dass der Zahn daneben gezogen werden müsste. Also schritt Rudolf zur Tat. Am Tag darauf kam der Patient nochmal, um sich doch den Zahn ziehen zu lassen, den Rudolf schon tags zuvor als Schmerzverursacher ausgemacht hatte. Rudolf starb 1954. Manche Patienten kamen nach Rudolfs Tod noch einige Zeit zu seiner Frau, um ihre Mittelchen zusammenrichten zu lassen.
Text: Karlheinz Fohrer und Helmut Reuter nach Informationen der Enkelin
Pension Friedrichsruh
Als die Eheleute Fritz und Lina Brümmer, geb. Ohr, in den 1920er Jahren das Gelände einer ehemaligen Sandgrube bei Wildenstein kauften, um dort zu bauen, wurden sie für verrückt gehalten. Es war ein großes Risiko und bedeutete hohe Schulden. Bald kamen jedoch die Neider, weil die Brümmers im Jahre 1928 tatsächlich dort zu bauen begannen und sie alles einfach klug anstellten. 1929 kamen die ersten Gäste. Zuerst waren es Bekannte, aber durch persönliche Empfehlungen, vor allem wegen der guten Köchin, wuchs die Zahl der Gäste rasch an. Obst und Gemüse bauten sie selbst an oder bezogen es von Wildensteinern. 1968 übernahmen Tochter Lotte und deren Mann Arthur Meiser die Pension. Von April bis Oktober kam es in 40 Gästebetten zu ca. 4000 Übernachtungen. Arthur war Hausmeister, Fahrer und Spätzlemacher. Lotte kochte ein vorzügliches Essen: Lendchen und Rinderbraten mit Rahmsoße, Rehbraten, Kassler, … Im Herbst gab es Pilzgerichte mit Pilzen aus der Umgebung. Um 18 Uhr gab es Abendessen und danach kehrte bald Ruhe im Haus ein. Erzählt wird vom Zwetschgenfest und vor allem von den legendären Heidelbeerkuchen. Hochinteressante Gästebücher zeugen von vielen Gruppen, hochrangigen Geschäftsleuten, vielen Privatleuten, aber auch von Behindertengruppen. Ein überaus herzliches Verhältnis zwischen den Familien Brümmer, Meiser und ihren Angestellten und den Gästen trug auch dazu bei, dass es überaus viele Stammgäste in der Pension Friedrichsruh gab.
„Hopfè zopfè“
Nach dem 2. Weltkrieg waren von Ende August bis in den September hinein viele Leute aus dem heutigen Gemeindegebiet Fichtenau in den großen Hopfenanbaugebieten unterwegs, um sich durch Hopfenpflücken Geld zu verdienen. Wer kennt nicht den Spalter Hopfen, Hopfen aus der Hallertau oder gar aus der Gegend von Tettnang?
Teilweise machten sich ganze Familien auf den Weg in diese Gebiete. Geschlafen wurde vielfach in Heu und Stroh und oft brachten die Hopfenpflücker deswegen auch gewisse kleine Tierchen mit nach Hause. Etwa drei Wochen lang galt es damals für die Erntehelfer, von Tagesanbruch bis zur Abend- dämmerung möglichst viele der Dolden von den Stöcken in die Körbe zu „blodn“. Weil der Hopfen recht rauh war, litten zum einen die Fingernägel darunter und man musste langärmlige Kleidung oder Stulpen über die Unterarme tragen. Für einen Korb mit 6 Pfund Hopfen gab es um 1950 45 Pfennige. Eine gute „Zopferin“ brachte es am Tag auf bis zu 10 gefüllte Körbe. Der gute Verdienst war wichtig. Manche sprechen von karger Verpflegung, andere sagen, dass mittags sehr gutes Essen in großen Behältern mit dem Kuhfuhrwerk oder auch schon mit dem Traktor auf das Hopfenfeld gebracht wurde. Oft war das Wetter unwirtlich, dennoch war der „Akkord“ noch stressfrei, und meist herrschte eine gemütliche Stimmung im Hopfengarten. Mitunter wurde gesungen …
Spruch aus der damaligen Zeit:
Hopfè zopfè; Geeld verklopfè
Lais hamdroochè, …
Vor allem Frauen, die über 80 Jahre alt sind, können allerlei Geschichten darüber erzählen. Sprecht sie doch mal darauf an!
Text: Helmut Reuter und Karlheinz Fohrer nach Gesprächen mit mehreren „Zopfern“
Familie Elsa und Hans Müller bei Hopfenernte
Bereits mit 10 Jahren war Elsa Hofmann (Jahrgang 1932) zum ersten Mal beim „Hopfenzopfen“. Nach dem 2. Weltkrieg war sie als junge Frau in Spalt eine sehr geschätzte „Hopfenzopferin“. Zum Abschluss der Hopfenernte wurde ein großes Fest gefeiert und Elsa wurde dabei einmal sogar zur Hopfenkönigin gekrönt.
Nachdem sie ihren Hans geheiratet hatte, ging es mit Mann und drei kleinen Kindern mehrere Jahre zur Hopfenernte nach Siggenweiler bei Tettnang auf ein großes Hopfengut. Ein Herr Hartmannschott aus Unterdeufstetten warb die Pflückerinnen an und das Busunternehmen Schultes aus Matzenbach brachte sie Mitte August im vollbesetzten Bus Richtung Bodensee zum Hopfengut. Übernachtet wurde in einem großen Raum in einer Art Scheune in Doppelstockbetten. Morgens nach dem Frühstück ging es jeweils mit dem „Bulldog“ auf das Hopfenfeld. Für ein „Simmeri“ Hopfendolden gab es ein Märkchen. So wurde die Arbeit abgerechnet. Die Arbeit wurde gut bezahlt und nach der Ernte konnten z.B. Winterbekleidung für die Kinder und Holz und Kohlen gekauft werden. Busfahrt, Unterkunft und Verpflegung waren frei. Zum Mittagessen gab es auf dem Feld meist eine Art Eintopf und zum Abendessen oft Kartoffeln mit Butter. Zu trinken gab es Tee und Most. Die Kinder freuten sich, wenn vormittags der Bäcker kam, denn da gab es für sie häufig ein süßes Stückchen. Am Sonntagmorgen wurde gearbeitet. Danach konnte ein Vorschuss geholt werden und nachmittags ging es häufig an den nahegelegenen Bodensee. Auch nach über 60 Jahren erinnern sich Elsa und ihre Kinder noch sehr gern an diese Zeit.
Text: Helmut Reuter und Karlheinz Fohrer nach einem Gespräch mit Elsa Müller
Schulhaus Wäldershub
1791 richtete die damals zuständige Pfarrei Weidelbach in Wäldershub eine Schule ein. 1804 bis 1805 kam es zur „Huber Schulklagsach“, weil die auf der Schlossseite ansässigen Bewohner ihre Kinder auch in die ortseigene Schule schicken wollten. Für diese war jedoch die Weidelbacher Pfarrei nicht zuständig und die Wildensteiner Pfarrei reichte dagegen Klage ein. Schließlich wurde entschieden, dass die Kinder bis zum Alter von 9 Jahren die Schule in Wäldershub besuchen durften. Ab 1810 gehörte der ganze Ort zur Pfarrei Wildenstein und die Schule wurde geschlossen. In den Jahren 1913 bis 1915 wurde trotz des Widerstands des Wildensteiner Teilgemeinderats für die evangelischen Kinder der Ortschaften Wäldershub, Großenhub und der Völkermühle wieder eine Schule errichtet. Diese wurde zur Zeit des Nationalsozialismus auch für die katholischen Kinder der Großenhuber Schüler zuständig, da die dortige Schule geschlossen wurde. Im Wäldershuber Schulhaus wurden bis Anfang der 70er Jahre Schüler unterrichtet. Teilweise geschah dies einklassig, teilweise zweiklassig.
Zusammenstellung von Helmut Reuter unter Mithilfe von Wolfgang Lober.
Ehemalige Kleinbetriebe und Berufe in Wäldershub
Wäldershub war in der Vergangenheit stark landwirtschaftlich geprägt, aber es gab auch unterschiedlichstes Handwerk und Gewerbe. Simon Utz betrieb um 1730 auf dem Wehrhäusle eine Salpetersiederei und es gab den Schlossbäcker Georg Schenk. Um 1799 wird von Bäcker Bartelmäs im Weiler Wäldershub berichtet. Er besaß auch zwei Sandgruben und einen Steinbruch.
Auf dem heutigen Anwesen Früh in der Ziegelstraße verdiente um 1850 eine Familie Merkle ihr Geld mit der Herstellung von Ziegeln und ein Österlein im heutigen Anwesen Köhler war Salzhändler.
Um 1903 stellte Karl Österlein Essig her und später war Fritz Österlein der Inhaber einer Küferei. Mit Kolonialwaren und Lebensmitteln von A&O versorgten Mina und Luise Herderich ihre Mitbürger.
Karl Riedmüller war Wagner, Julius Gaukler Siebmacher, Karl Wörsinger und später Fritz Vogel waren Rechenmacher und Reinhold Hertfelder war der Brauer im Schloss. Alfred Herderich hatte ein Malergeschäft und bei Karl Wörsinger befand sich eine Zweigstelle der UJAG. Karl Rögelein und Heinz Herderich führten eine Schreinerei und Willi Köhler und Friedrich Neuppert waren Schuster.
Zusammengestellt von Helmut Reuter nach Unterlagen von Wolfgang Lober
Bader Weber
Vor über 130 Jahren suchte Unterdeufstetten in der Augsburger Abendzeitung einen approbierten (staatlich anerkannten) Bader. So kam Wilhelm Weber, der seine Ausbildung in München absolviert hatte, 1892 aus Mönchsdeggingen nach Unterdeufstetten. Die Bürger von Unterdeufstetten und Umgebung konnten sich über einen Bader mit „tadellosem Betragen und sehr gutem Leumund“ freuen, nachdem der „seitherige Heildiener ein leichtsinniger Kamerad“ war.
Wilhelm Weber praktizierte zunächst in einem Haus gegenüber der evangelischen Kirche, ehe er – nach einigen Wohnungswechseln – schließlich das Haus erwarb, in dem die ehemalige Judenschule untergebracht war. Sein Enkel wohnt heute in diesem Haus unterhalb des Schlosses.
Zu dieser Zeit machte der Bader kleine chirurgische Eingriffe und er zog Zähne. Außerdem war er für das Haareschneiden und Bartscheren zuständig. Großenteils war er mit seinem Rucksack auswärts unterwegs. Sein Sohn war dann Anfang der 40er Jahre eigentlich reiner Herrenfriseur, aber viele waren es einfach gewohnt, bei gewissen Problemen zu ihm zu gehen. 1975 übernahm dann sein Enkel Willi den Friseursalon, den er bis zum Rentenalter betrieb. Zähne gezogen hat Willi nicht mehr, obwohl er die Werkzeuge dazu noch besitzt.
Text: Helmut Reuter mit Unterstützung von Willi Weber
Dorfschmieden
Die Schmiedekunst ist eines der ältesten Handwerke. Schmiede waren auch in den kleineren Ortschaften gefragte Leute. Sie verrichteten die Arbeit eines Hufschmieds; sie arbeiteten als Beschlagschmied für Wagen und Ackergeräte; auch Arbeiten als Schlosser und zur Werkzeugherstellung gehörten zur Arbeit eines Dorfschmieds. Vielfach schmiedeten sie Schaufeln, Hacken, Schnaber und dergleichen. Später hielten sie auch landwirtschaftliche Fahrzeuge und Maschinen instand. Zur Umformung des Eisens gehörten in erster Linie Esse, Amboss und Hammer.
Text: Helmut Reuter, nach Absprache mit Hermann Ohr
Pfarrer Ralf Grassel
Pfarrer gab es in Fichtenau die vergangenen Jahrzehnte die unterschiedlichsten Charaktere. Einer davon war Ralf Grassel. Als Keyboarder bildete er zusammen mit seinem Trommler Roland Kuss die RaRo-Band. Helmut Schwarz schrieb ihm bei einer Veranstaltung folgenden Spruch auf eine Karte: „Ein Mann, der einmal Pfarrer ward, dem schien das Leben gar zu hart, drum kaufte er sich ein Organon – das hat er nun davon.“ Diese Karte legte der Pfarrer daheim in seinen Schreibtisch. Als die Haushälterin, der das Hobby ihres Pfarrers gar nicht gefiel, diese Karte in die Hand bekam, regte sie sich tierisch darüber auf. Sie interpretierte nämlich das „ward“ nicht als „wurde“, sondern als „war“. Sie war der Meinung, dass es wegen seinem Lebenswandel Leute gab, die der Meinung waren, dass er Pfarrer „war“. - Weiterhin Musik gemacht hat Ralf Grassel dennoch. (Wie er sich wegen diesem Vorfall über seine Haushälterin äußerte, wird hier nicht verraten.)
Text: Helmut Reuter
Zwei „Engel“ in Wildenstein
Hebamme Elfriede Vogt und Gemeindeschwester Rosa Engelhardt wirkten viele Jahre segensreich in Wildenstein und Umgebung. Nicht nur den älteren Mitbürgern sind sie sehr positiv in Erinnerung.
Schwester Rosa war Diakonisse und betreute 28 Jahre lang die Menschen in Wildenstein, in Steinbach/Wald, in den 3 Weilern, in Rötlein, Bernhardsweiler und Neustädtlein. Man traf sie nur mit ihrer Haube an. Als sie mal in einen Autounfall verwickelt wurde, habe sie angeblich zuerst danach geschaut, dass sie ihre Haube wieder richtig auf den Kopf bekam. Zuerst hat sie bei den Familien Kilian und Hammer gewohnt, bevor sie im bereits fortgeschrittenen Alter eine Wohnung im ev. Gemeindehaus bezog. Rosa wird als „wertvolle“, „herzensgute“ und „im Glauben verwurzelte“ Frau geschildert, die zu jeder Tages- und Nachtzeit im Einsatz war. Sie kam – zunächst mit dem Fahrrad, dann mit dem Mofa und schließlich mit ihrem VW-Käfer -mit ihrer Praxistasche und dem Gesangbuch. Sie las aus der Bibel vor und hat mit den Leuten gesungen und gebetet. Die ganze Nacht betreute sie Sterbende; sie richtete Tote und kümmerte sich liebevoll um die Hinterbliebenen. Nichts war ihr zu viel. Sie durfte jedoch keine Geldgeschenke annehmen; allenfalls nahm sie mal ein kleines materielles Geschenk an. Wollte sie jemand zu einer Tasse Kaffee einladen, kam ihr legendärer Spruch: „Liawer mei Riahle, wi dess Briahle“.
Ihre Beliebtheit zeigt auch, dass zu ihrer Beerdigung in Schwäbisch Hall extra ein Bus fuhr.
Elfriede Vogt war ausgebildete Kinderkrankenschwester. Als sich die Unterdeufstetter Hebamme altershalber zur Ruhe setzte, machte Elfriede eine Zusatzausbildung und wurde als Hebamme selbstständig. Zwar musste sie zunächst die Ärzte Ruppin und Theinl in Hinterhand haben, aber es gab nie Probleme. Gerlinde Schmidt war ihre erste Geburt. Geburten in Wohnwagen ohne fließendes Wasser bereiteten ihr bisweilen Probleme. Männer schickte Elfriede vor der Geburt resolut aus dem Zimmer.
In Ellenberg war die Arbeit mit einer Kollegin in rechts und links der Straße aufgeteilt. Als sie eine Frau auf der anderen Straßenseite als Hebamme haben wollte, meinte Elfriede, dass das kein Problem sei, weil sie dann eben aus Richtung Ellwangen kommen würde. Einmal hat sie in einem Teilort das Baby für die Taufe hergerichtet und gleich noch das Haus rausgeputzt. Es kam auch vor, dass ihr für ihre Geburtshilfe statt Geld eine Ente versprochen wurde. Im fortgeschrittenen Alter kam sie mit einer Freundin an einem Haus vorbei und sagte: „Von denen kriege ich auch noch eine Ente!“ Als die Frauen zur Entbindung zunehmend ins Krankenhaus gingen, übernahm sie die Nachbetreuung und sie machte für den Krankenpflegeverein Unterdeufstetten und Matzenbach Schwesterndienst. Elfriede hatte es auch mit „überraschenden“ Schwangerschaften zu tun, von denen zumindest die Angehörigen gar nichts wussten.
Text: Helmut Reuter und Karlheinz Fohrer nach etlichen Gesprächen mit älteren Mitbürgerinnen
Alwine Dörr
1938 wurde den Lehrern von den Nationalsozialisten das Orgel spielen verboten. Daraufhin wurde Alwine Dörr, die Klavier spielen konnte, vom Pfarrer darum gebeten, dass sie die Leitung des Kirchenchors und den Organistendienst übernehmen solle. Alwine erklärte sich dazu bereit. Weil damals viele Lieder in lateinischer Sprache gesungen wurden, arbeitete sie sich dahingehend ein. Zu Feierlichkeiten jeglicher Art und in Gottesdiensten leitete sie den Kirchenchor und spielte Orgel. Friedrich Silcher war ihr erklärter Lieblingskomponist und „Wo’s Dörflein traut zu Ende geht“ ihr Lieblingslied. Nach dem Krieg übte sie mit Mitgliedern des Kirchenchores auch Theaterstücke ein, welche im Saal des Gasthofs Adler aufgeführt wurden. Auch organisierte Alwine häufig Ausflugsfahrten. Mit mindestens 8 Pfarrern arbeitete sie zusammen. Dabei kam es häufig vor, dass ein Pfarrer seine eigenen Vorstellungen in der Kirchengemeinde umsetzen wollte. Alwine war nicht immer damit einverstanden und oftmals kam ihr Spruch: „Der geht wieder, wir müssen bleiben.“ 1998 bekam sie im Auftrag von Bischof Georg Moser für ihre Verdienste in 60 Jahren die Martinusmedaille überreicht. Zu ihrem 100. Geburtstag brachte ihr der Rest des aufgelösten Kirchenchors noch ein Ständchen.
Text: Helmut Reuter und Karlheinz Fohrer nach Informationen von Helmut Fuchs
Baracken Unterdeufstetten
Bis um 1970 wohnten ca. 15 Familien in Unterdeufstetten in den Baracken. Auf dem Gelände in der Nähe des heutigen Trainingsplatzes des TSV befand sich vorher wohl eine Sandgrube. Eine doppelte Baracke diente meist zwei Familien als Unterkunft. Oftmals hatten die Familien eine große Kinderschar. So berichtet Sebastian Pfisterer von seinen Eltern und 10 Geschwistern. Vielfach wurde der Wohnraum deswegen durch einen Anbau erweitert.
Pfarrer Joos, der auch für den Bau der neuen katholischen Kirche und den Neubau des Kindergartens verantwortlich war, kümmerte sich darum, dass viele Familien in schöne, neugebaute Häuser in der Nähe des Sportplatzes umziehen konnten. Durch eine festgelegte monatliche Miete gingen die Wohnungen bald in das Eigentum der Bewohner über.
Text: Helmut Reuter nach Infos von Sebastian Pfisterer
Antonius-Kapelle Lautenbach
Die Antonius-Kapelle hat eine interessante Geschichte. Früher war in dem Gebäude einmal das Rathaus untergebracht. Die Großeltern von Fridolin Müller kauften das ziemlich baufällige Haus und wollten es einem Sohn vermachen. Dieser hatte jedoch kein Interesse, und so vermachten es die sehr gläubigen Leute ca. 1920 der katholischen Kirche. Allerdings versahen sie die Schenkung mit einer Auflage: Es sollte eine Kapelle daraus entstehen und nach dem Wunsch von Karoline Müller sollte diese den Namen „Heilige Antonius Kirche“ tragen.
Der folgende Spruch ist den Nachfahren heute noch präsent:
„Oh, heiliger Antonius – liaber guader Maa - führ mi an mei Verlorenes naa!“
Als das danebenstehende Lerner-Haus 1937/38 aufgestockt wurde, war die sich auf dem dortigen Dach befindliche Glocke übrig. Diese kam dann auf die Kapelle.
Betha Zwerger erinnert sich, dass das Deckengemälde mit Fisch während dem 2. Weltkrieg von einer Malerin geschaffen wurde, die als Lohn bei Familie Müller kostenlos logieren konnte. Pfarrer Joos hielt später dort wöchentlich eine Schülermesse und noch heute findet normalerweise am 13. Juni, dem Antoniustag, ein Gottesdienst statt.
Text: Helmut Reuter und Karlheinz Fohrer nach Informationen von Christa Wörsinger, geb. Müller
Rotachtaler Volksbühne
Durch vielerlei Aktivitäten versuchte man in Unterdeufstetten in den 60er Jahren die Schulden für den neu erbauten Kindergarten zu tilgen. So machte man sich auch in der katholischen Jugendgruppe Gedanken über mögliche Veranstaltungen. Willi Weber sagte dabei zu Pfarrer Joos, dass doch in Unterdeufstetten immer wieder Theater gespielt worden sei. Also suchte Pfarrer Joos einen Organisator und Regisseur und fand diesen in Lehrer Helmut „Blacky“ Schwarz. Willi, Edmund Ilg und Freunde waren dann plötzlich die Theaterspieler, die man brauchte. Geprobt wurde in der Turnhalle oder im Kindergarten. Eine Kulisse wurde von der Feuerwehr ausgeliehen und umgebaut. Der Pfarrgemeinderat übernahm die Organisation und so kam im Januar 1966 „Das lebenslängliche Kind“ zur Aufführung.
Später wurden die Theaterveranstaltungen dann vom Schützenverein bewirtet und der Großteil der Einnahmen wurden jeweils für eine wohltätigen Zweck gespendet.
Wer erinnert sich nicht an „Bertl“, „Bimbe“, „Jackl“, Rudolf, Willi, Roland, Conny, „Lore“, Irmgard und wie sie alle hießen.
Text: Helmut Reuter
Katholische Kirche Wildenstein
Nach dem 2. Weltkrieg kamen viele katholische Christen nach Wildenstein. Seit Beginn der 60-er Jahre fand deshalb einmal wöchentlich für Schüler und Erwachsene die heilige Messe in der Wildensteiner Schule statt. 1961 kam der Wunsch nach einem würdigen Raum für Gottesdienst und Gemeindearbeit auf und Pfarrer Kolb machte ihn zu seinem „Herzensanliegen“.
Im Januar 1963 wurde am östlichen Ortsausgang ein Bauplatz gekauft und durch allerlei Aktionen wie monatliche Haussammlungen, auswärtige „Bettelpredigten“ des Pfarrers, etc. wurde Geld für den Kirchenbau gesammelt. Am 1. Mai 1964 kam es zum ersten Spatenstich und bereits am 15. Juni wurde Richtfest gefeiert. Dem Gotteshaus in seiner einfachen Nagelbinderkonstruktion gliedern sich die 20 m2 große Sakristei und der 39 m2 große Gemeindesaal an. Die Kirche wurde unter die Schutzherrschaft von „St. Joseph den Arbeiter“ gestellt.
Als 1. Kirchenpfleger übernahm Karl Sikora, sen. alle mit dem Bau zusammenhängenden schriftlichen Arbeiten. Pfarrer Kolb nannte ihn bei seiner Beerdigung die “Seele des Kirchenbauens“.
Neben vielen anderen aktiven Kirchenmitgliedern waren es vor allem drei Generationen der Familien Sikora, die sich um diesen Kirchenbau verdient gemacht haben. Besonders zu erwähnen wäre dabei Alois Sikora, der mehr im Hintergrund eine treibende Kraft für den Kirchenbau war.
Text: Helmut Reuter und Karlheinz Fohrer nach Unterlagen von Familie Sikora